thola.deThorsten Lange
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10.10.2024 |
Neuseenclassics Leipzig 2017 - 100 kmIn den letzten zehn Jahren überlegte ich schon mehrfach, an den Neuseen Classics südlich von Leipzig teilzunehmen, das in diesem Jahr zum vierzehnten Mal stattfinden sollte. Aber meistens paßte der Termin nicht, beispielsweise fand das Rennen mindestens ein Mal an Pfingstmontag statt, oder aber ich nahm am benachbarten Wochenende an einer jährlich stattfindenden Astronomietagung teil. In diesem Jahr stellte ich erfreut fest, dass sowohl die Tagung als auch das Rennen am gleichen Wochenende stattfinden sollten! Also fuhr ich Freitagmittag zur Astro-Tagung in einem kleinen Ort zwischen Leipzig und Dresden und dann nach Tagungsende am frühen Samstagabend von dort nach Leipzig. Die Rückfahrt nach Göttingen sollte sehr früh am Montagmorgen erfolgen und direkt vom Hotel ins Büro führen. Meine Anmeldung sowie die Hotelbuchung erfolgten erst am Mittwoch vor dem Rennen, als die Wettervorhersage von angenehmen Temperaturen und vor allem von keinem Regen sprach. In meinem Hotel waren noch viele andere Teilnehmer abgestiegen, bei meiner Ankunft sah ich mehrere Rennradfahrer und Rennräder in der Tiefgarage. Nach einem frühen Frühstück verließ ich das Hotel vor 8 Uhr und rollte dann am Völkerschlachtdenkmal vorbei bis zum Start/Ziel-Bereich in einem Industriegebiet direkt nördlich den Denkmals. Weil es schon ordentlich warm wurde, gab ich nach Abholung der Startunterlagen meinen Starterbeutel zusammen mit der auf der Hinfahrt noch getragenen Jacke an der Gepäckaufbewahrung ab. Anschließend rollte ich eine ganze Weile durch die Nachbarstraßen und aß zwischendurch noch etwas. Um 9:00 Uhr starteten die wenigen Teilnehmer (etwa 125) über die 40 km Strecke aus einem Block. Währenddessen stellten sich schon die knapp 680 Teilnehmer über 100 km in die vier Startblöcke. Als Spätanmelder landete ich im letzten Startblock zusammen mit denjenigen, die eine niedrige Geschwindigkeit angegeben hatten. Der Startblock war auch kaum zur Hälfte gefüllt, so dass die Taktik für die ersten Kilometer klar lautete: Mit aller Kraft losfahren und eine Gruppe von schnellen und ebenfalls nachgemeldeten Fahren finden! Um 9:15 Uhr rollte Block A los und wenige Minuten dann auch mein Block D/N. Glücklicherweise befanden sich doch noch einige schnellere Teilnehmer in dem Block, darunter auch ein komplett von hinten startender Verein mit mehr als zehn Mitgliedern im gleichen Trikot. Wie im unten abgebildeten Garmin-Profil zu sehen ist, ging es schnell voll zur Sache. Mein Puls lag bis etwa Kilometer 12 fast durchgehend im Bereich von 150 bis über 170. Die ganze Zeit suchte ich Anschluß an die schnellsten aus dem Startblock und glücklicherweise fand sich eine größere Gruppe, als es nach 10-11 Kilometern aus Leipzig heraus und in das Gebiet des ehemaligen Braunkohletagebergbaus hinein gegangen war. Auf guten aber meistens schmalen Wegen führte der Kurs um den Störmthaler See. Es handelte sich um Wander- und Radwege des Naherholungsbietes und nicht um Straßen für Pkw. An die Spitze der Gruppe von sicherlich 30-50 Teilnehmern hatten sich zwei junge Männer gesetzt, die ordentlich Tempo machten und sich dabei auch noch die ganze Zeit unterhielten. Ich fuhr über längere Zeit direkt hinter ihnen in der zweiten oder dritten Reihe. Bei das Fahrt durch das Seengebiet mußte man wegen des engen Weges, auf dem maximal drei Rennräder nebeneinander fahren konnten, und wegen der häufigen scharfen Kurven, kurzen aber steilen Abfahrten und Anstiege, ziemlich konzentriert fahren. Nach etwa zehn Kilometern bog die Strecke vom Seeweg ab und führte weiter auf normalen Straßen. Wir kamen an der Abzweigung für die 40 km Strecke vorbei, die quasi 10 km aus Leizipg heraus, dann 20 km um den See und wieder 10 km nach Leipzig hinein fuhren. Die Rennen über 60 und 100 km hängten weitere 20 km im Südosten des Sees an, über 100 km ging es zwei Mal um die 40-km-Runde herum. Zu diesem Zeitpunkt führten immer noch die beiden jungen Männer die Gruppe an, gefolgt von weiterhin bis zu 50 anderen Teilnehmern. Auf den Straßen in Richtung Osten spürte man einen leichten Gegenwind und das Feld zog sich sehr lang, fuhr einige Zeit lang in einer einzigen langen Reihe. Ich selbst pendelte ein paar Mal vor und zurück. Hart waren immer wieder die Ortsdurchfahrten mit engen Kurven, nach denen immer wieder voll beschleunigt werden mußte, um die Gruppe nicht zu verlieren. Nach genau einer Stunde waren 34 Kilometer zurückgelegt und nach 37 Kilometern gab es in einer Kurve eines Ortsausgangs eine Getränke- und Obstversorgung. Die Kinder und Frauen an der Station versuchten, den Teilnehmern Bananen und Getränkebecher in der Fahrt anzureichen. Das scheiterte natürlich meistens, denn das Feld fuhr mit etwa 35 km/h vorbei und die Station war auch nicht durch eine Beschilderung angekündigt worden. Man mußte also mehr an der Vermeidung eines Sturzes arbeiten als die Chance einer Verpflegung ergreifen zu können. Da wir in der zweiten Runde 40 km später wieder hier vorbeikommen sollten, plante ich schon jetzt einen Stop zum Auffüllen der Trinkflaschen ein. Am Schluß der ersten Runde führte die Strecke wieder am See entlang und dann in eine heftige Rampe mit 16 Prozent Steigung hinein! Oben in der Rampe nach etwa 35 Höhenmetern und drei Serpentinen standen viele Zuschauer und ein Bollerwagen mit lauter "Alm-Disco-Musik". Die Gruppe zerfiel stark und ich kämpfte mich durch die ganzen langsameren Fahrer hindurch. Oben war ich wohl der einzige, der noch im Sitzen fuhr. Anschließend lief die Gruppe aber relativ schnell wieder zusammen und trat dann nach weiteren zwei Kilometern in die zweite Runde ein. Grundsätzlich lief die zweite Runde zunächst ab wie die erste, nur führten die beiden jungen Männer nicht mehr dauernd die Gruppe an und redeten auch nicht mehr. Ich hielt mich jetzt meistens relativ weit vorne auf. Bevor dann die Verpflegungsstelle erreicht wurde, ließ ich mich etwas zurückfallen und hielt an der Seite an. Mit aufgefüllter Wasserflasche sagte ich noch den Damen, wie sinnlos und gefährlich die Versorgung während der Fahrt bei mehr als 30 km/h wäre. Eine Frau stimmte zu, meinte aber, die Leute wollten so versorgt werden, kaum jemand würde halten. Als ich nach 45 Sekunden Aufenthalt weiterfuhr, sah ich meine ehemalige Gruppe nur noch aus der Ferne. Bei dem Tempo müssen sie 400-500 Meter gefahren sein. Bis zu meiner Pause nach 2:22 Stunden hatte ich 79 Kilometer zurückgelegt und damit einen Schnitt von 33.0 km/h gefahren. Ich beschleunigte in dem Wissen, nicht mehr herankommen zu können, und überholte ein paar einzelne und langsame Fahrer. Am Ende der langen Geraden guckte ich mich um, sah aber sonst niemanden mehr aus dem Dorf herausfahren, schon gar keine kleine Gruppe. Also faßte ich den Lenker tief, trat voll in die Pedale und ging so die letzten 25 Kilometer an. Zwischenzeitlich kam mir die Fahrt sehr seltsam vor, denn weder vor noch hinter mir konnte ich andere Teilnehmer sehen in mehreren hundert Metern Abstand, die zeitweilig zu überblicken waren. Nur einzelne Streckenposten und Absperrungen an Einfahrten verdeutlichten, dass ich mich tatsächlich noch auf der Rennstrecke befand. Wieder auf der Strecke entlang des Sees sah ich dann schließlich in deutlicher Entfernung meine ehemalige Gruppe, die auf die steile Rampe zufuhr. Bis ich dort eintraf dauerte es noch zwei oder drei Minuten. Bei den Radprofis rechnet man häufig, dass eine Gruppe auf Ausreißer etwa eine Minute pro zehn Kilometer herausfahren kann. Mir ging es in diesem Fall umgekehrt. Kurz vor der Rampe fuhr ich an einem älteren Fahrer vorbei, der wohl nach einer Pinkelpause wieder auf sein Rad stieg. Diesmal schmerzte die Rampe viel mehr als bei der ersten Durchfahrt, denn diesmal war ich zuvor auch 10 Kilometer alleine und voll gefahren. Oben angekommen zog der ältere Fahrer an mir vorbei und ich hängte mich an. Gemeinsam wechselten wir uns dann mehrfach in der Führung ab und redeten auch etwas miteinander. Beim Verlassen des Seegebietes hatten wir noch zwei andere Teilnehmer im Schlepptau, aber nach spätesten zwei Kilometern konnten sie nicht mehr folgen. Ich fuhr wieder mit voller Kraft und hatte keine Lust, langsamere Leute mitzuziehen. Nur der ältere Fahrer blieb die ganze Zeit hinter mir. Auf dem Weg nach Leipzig kamen wir an einem bösen Unfall vorbei: Ein Mann war gestürzt und lag mit blutender Kopfplatzwunde auf der Straße, die schon von einem Polizisten und drei anderen Teilnehmern gesichert wurde. Immer passieren die heftigen Unfälle kurz vor Schluß! Auch in Hamburg hatte ich schon zwei Stürze gesehen bei etwa 90 Prozent der Strecke. In Leipzig angekommen fuhr mein Begleiter dann für zwei oder drei Kilometer im Wind. So kamen wir am Völkerschlachtdenkmal vorbei und fuhren in den Bogen um den Start/Ziel-Bereich herum. Ich bedankte mich kurz vor Erreichen der Zielgeraden für die Begleitung, und er bestand darauf, gemeinsam händeschüttelnd durch das Ziel zu fahren. Nach den Bildern der Zieldurchfahrt frage ich mich aber, ob er überhaupt ein regulärer Teilnehmer war, denn er trug kein Nummernschild am Lenker, in das der Transponder integriert war.
Auf der 100 km Strecke siegte der Vorjahressieger erneut mit diesmal 2:22:30 Stunden. Den Zeiten nach zu urteilen muß eine Spitzengruppe aus 62 Teilnehmern angekommen sein. Die schnellste Frau benötigte 2:34:07 Stunden. Das Ziel erreichten 632 Männer und 27 Frauen, 17 Männer kamen nicht ins Ziel. Der Sieger auf der 60 km Strecke benötigte 1:33:06 Stunden für die 60 Kilometer. Die schnellste Frau kam mit der Spitzengruppe aus 66 Männern bei 1:33:24 ins Ziel. Das Ziel erreichten 547 Männer und 70 Frauen. Über die Kurzstrecke von 40 km beteiligten sich 99 Männer und 25 Frauen. Das Sieger-Duo benötigte 1:03:03 Stunden. Außerdem gab es am Samstagabend noch ein Einzelzeitfahren über 20 Kilometer.
Meine eigene Zeitmessung zeigte 3:08:40 Stunden für 103.2 km,
wobei ich wegen der Verpflegungspause eben 45 Sekunden
gegenüber der offiziellen Messung langsamer war, die 3:09:25 Stunden betrug
und damit Platz 505 von 632 erbrachte.
Meine mittlere Herzfrequenz betrug 154 bpm bei einem Maximum von 179 bpm.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 32.8 km/h mit einem Maximum von
58.8 km/h.
Zurückgerollt zum Hotel und einer kurzen Pause machte ich mich bald wieder auf den Weg zum Start/Ziel-Bereich, diesmal aber zu Fuß. Dort gab es mehrere Getränke- und Essenstände, an denen ich einige der verbrauchten Kalorien nachschieben konnte. Wie verläßlich auch immer die Garmin-Software ist, aber sie zeigt 3800 verbrannte Kalorien für das Rennen an. Kurz hinter dem Zielstrich wartete ich dann auf die Zielankunft der Teilehmer der 60 km Strecke und sah dann den Zielsprint der ziemlich großen Spitzengruppe. Der frühere Bahnradprofi Jens Lehmann kam mit ein oder zwei Minuten Rückstand ins Ziel und mußte kurz danach ein Interview geben.
Auf dem Rückweg zum Hotel saß ich noch eine Weile in einem Biergarten nahe
des Völkerschlachtdenkmals, wo ich schon fast einschlief.
Dann ging es noch einmal um das Denkmal herum und schließlich wieder ins
Hotel.
Fotos und VideosEs gibt mehrere Videos der Tour: (oder auch nicht, muß ich noch suchen...) |