thola.deThorsten Lange
Eingangsseite
10.10.2024 |
Münsterlandgiro 2017 - 95 kmDank des Brückentages vor dem Tag der deutschen Einheit war auf der Autobahn nicht viel los, allerdings regnete es ziemlich heftig auf der ersten Hälfte der Strecke und der Regen ließ erst nach Erreichen der Landesgrenze von NRW nach. Nach knapp drei Stunden Fahrzeit verließ ich die Autobahn und benötigte dann noch einmal länger als eine halbe Stunde durch das Verkehrschaos der Innenstadt von Münster: Offensichtlich sind in der Fahrradstadt alle Besucher am Brückentag mit dem Auto unterwegs gewesen. Glücklicherweise gab es auf dem Parkplatz in der Nähe meines Hotels noch ein paar freie Parkplätze. Insgesamt mehr als 3:30 Stunden für 260 Kilometer, da könnte ich auch gleich mit dem Fahrrad anreisen. Im Sonnenschein ging ich dann zur Startunterlagenausgabe und anschließend in die Innenstadt. Dort konnte ich vor einem Eiscafe draußen sitzen und mich mit kaltem Eis und heißem Tee ausruhen. Abends ging es dann in mein Lieblingsrestaurant in der Nähe des Hotels, ins Mediterraneo in der Martinistraße 10: Dort aß ich nun schon zum vierten Mal in Folge am Abend vor dem Münsterlandgiro. Und am Abend nach dem Rennen zum fünften Mal. Da am Abend des Feiertags kaum Gäste in dem kleinen aber sehr feinen und vor allem auch Pizza-freien Lokals einkehrten, unterhielt der Besitzer/Chef sich einige Zeit mit mir über Radrennen, wie auch schon bei meinem allerersten Besuch. Irgendwann in der Nacht hörte ich durch das angeklappte und in den Hinterhof zeigende Fenster einen Regenschauer. Glücklicherweise blieb es während des Rennens trocken, zeitweilig kam sogar die Sonne durch bei allerdings starkem Wind aus westlichen Richtungen. Die Straßen waren vor allem in Waldgebieten ziemlich naß und auch mit Laub überzogen. Mit 11°C war es vor dem Start kühl, aber nicht zu kühl, so dass ich mit kurzer Hose antrat, aber oben mehrere Schichten und vor allem eine Windjacke trug. Im Teilnehmerfeld waren sowohl komplett kurz gekleidete als auch komplett lang gekleidete Teilnehmer zu sehen, einige hatten sogar lange Handschuhe übergezogen. Ich stellte mich in den mittleren Bereich von Startblock C und wartete zusammen mit den anderen Teilnehmern aus den insgesamt vier Blöcken auf den Beginn des Rennens. In Block A startete auch der ehemalige Profi und Dritter der Tour de France des Jahres 2011, Frank Schleck, der den Giro auf Platz 71 beenden konnte, in einem Vierer-Team kurz hinter der ersten großen Gruppe. Während der ersten zwei Kilometer beobachtete ich etwa 10-15 Teilnehmer, die bereits ihre Schläuche wechseln mußten. Irgendwo direkt am Start hatte ich Glasscherben liegen sehen. Während viele Teilnehmer schon früh stark beschleunigten, versuchte ich erst einmal, warm zu werden und meinen Rhythmus zu finden. Bei den ersten Richtungsänderungen spürte ich immer wieder den starken Wind, das Feld zu sich zeitweilig schon stark in die Länge, um sich nach der nächsten Kurve schon wieder in kleineren oder größeren Gruppen zusammenzuballen. So fuhr ich dann während der ersten Fahrstunde meistens im hinteren Bereich einer großen Gruppe. Im Bereich südlich von Telgte führte die Strecke über eine enge Schleife bis nach Sendenhorst und zurück, dann weiter nach Telgte, das nach 45 Kilometern erreicht wurde. Nach einer Stunde Fahrzeit hatte ich 34.0 km zurückgelegt und hing zuvor nur noch am Ende der Gruppe mit Schwierigkeiten, das Tempo zu halten. Also entschloß ich mich, das Tempo zu reduzieren und mich zu erholen. Nach einiger Zeit kam die nächste größere Gruppe vorbei, aber auch diese mußte ich schnell wieder ziehen lassen. Im folgenden Streckenabschnitt hangelte ich mich durch kleinere Gruppen, immer wieder den Windschatten suchend und nur selten vorne im Wind fahrend. Mir war längst klar, dass ich die Durchschnittsgeschwindigkeiten der letzten Jahre, immer im Bereich von 36 bis 37 km/h, nicht erreichen würde. Diesmal bestand das Rennen nur aus einem Kampf. Nach 50 Kilometern fühlte ich mich eigentlich so, als ob das Rennen nun enden könnte, denn die Beine schmerzten und fühlten sich an wie sonst nach Zurücklegen der doppelten Strecke. Zwei Stunden nach dem Start hatte ich 63.1 km zurückgelegt und erreichte kurz darauf bei Ostbevern den Verpflegungsbereich, wo ich anhielt und den Wasservorrat auffüllte, der wegen der kühlen Temperaturen kaum zur Hälfte aufgebraucht war. Die stehend verbrachte dreiviertel Minute sorgte dann aber für etwas Erholung und ich konnte mich der von hinten herankommenden größeren Gruppe anschließen und die nächsten 20 Kilometer, die weitestgehend gegen den Wind in Richtung Westen führen, im Windschatten mitfahren. Durch einen sehr unruhig fahrenden Vordermann, der immer wieder fast auf seinen Vordermann auffuhr und dann kurz rausnahm, fühlte ich mich zu unsicher und ließ mich wieder einmal bis ans Ende der Gruppe zurückfallen. Auf einer sehr breiten Straße breitete sich die Gruppe dann stark aus. Irgendwie spürte ich die Unruhe der Teilnehmer und dachte, das könnte bald einen Sturz geben. Und keine halbe Minute später knallte es links vor mir, vielleicht 15 Meter entfernt auf der anderen Straßenseite, und drei Fahrer stürzten übereinander. Zumindest zwei davon standen sofort wieder auf, noch während ich an ihnen vorbeirollte. Mehrere andere Teilnehmer hielten nach Vollbremsungen daneben bis hin zum gegenüber liegenden Straßenrand. Überhaupt beobachtete ich während des Rennens überraschend viele Rettungswagen am Straßenrand. Ab Kilometer 80 führte die Strecke durch die "Rieselfelder", in Mallorca werden solche schmalen Straßen "Gartenwege" genannt. Durch die engen Kurven bei der Einfahrt verlor ich den Anschluß an die große Gruppe, vielmehr verloren ein paar Fahrer vor mir den Anschluß und ich bemerkte die Lücke zu spät und wollte dann auch mangels Kraft nicht mehr versuchen, die Lücke zuzufahren. Nach einiger Zeit überholte mich eine Frau, die dann für mehrere Minuten im Abstand von vielleicht 20 Metern vor mir fuhr. An einer Brücke gelang mir der Anschluß, und nach einem kurzen Stück im Windschatten überholte ich und spendete mehrere Kilometer lang Windschatten, bis wir Münster erreicht und dabei viele einzelne Teilnehmer überholt hatten. In Münster setzte sie sich noch einmal vor mich, bis ich vielleicht 700 Meter vor dem Ziel alle Kraft sammelte und einen langen "Zielsprint" versuchte, wobei von "Sprint" kaum die Rede sein kann: Die letzten zehn Kilometer fuhr ich im Durchschnitt nur knapp über 30 km/h und die letzten paar hundert Meter dann mit bis zu 39 km/h.
Dem Zielvideo des WDR zu Folge, der Link dazu steht weiter unten,
kam die Gruppe, die ich zuletzt ziehen lassen mußte,
etwa 80 Sekunden vor mir ins Ziel.
Meinen eigenen Zieleinlauf (geklaut aus dem Video des WDR) zeigt das
folgende Bild, auf dem meine Begleiterin aus dem letzten Streckenabschnitt
rechts hinter mir zu sehen ist.
Auf der Strecke über 95 km erreichte der Sieger das Ziel mit mehr als 30 Sekunden Vorsprung in einer Zeit von 2:11:54 Stunden, gefolgt von einer siebenköpfigen Gruppe. Die schnellste von 109 Frauen benötigte 2:14:50 Stunden. Über 125 km benötigte der Sieger aus einer Spitzengruppe von etwa 110 (!) Teilnehmern heraus 2:54:48 Stunden. Hier erreichten 1062 Teilnehmer das Ziel. Über 65 km betrug die Siegerzeit 1:35:26 Stunden, wobei auch hier eine sehr große Gruppe mit 91 Teilnehmern das Ziel erreichte, dazu kamen noch die sieben schnellsten Frauen. 964 Männer und 212 Frauen absolvierten diese Strecke.
Meine eigene Zeitmessung zeigte 2:57:10 Stunden für 95.04 km
Die offizielle Messung betrug 2:57:56 Stunden
und erbrachte Platz 1025 von 1178 sowie in der Alterklasse 2 den Platz
324 von 361 Teilnehmern.
Meine mittlere Herzfrequenz betrug 149 bpm bei einem Maximum von 168 bpm.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 32.2 km/h mit einem Maximum von
43.2 km/h. Die Strecke führte über 164 Höhenmeter.
Im Zielbereich besorgte ich mir dann ziemlich schnell eine Teller Pasta, um die Kalorien nachzufüllen, rätselte etwas über mein vergleichsweise langsames Rennen und traf mich mit den Schwiegereltern. Während ich dann ins Hotel rollte, duschte und mich etwas ausruhte, gingen sie essen, und später trafen wir uns erneut im Zielbereich und verfolgten am Nachmittag den Zieleinlauf der Profis. Abends aß ich dann erneut sehr lecker im kleinen italienischen Restaurant in der Nähe des Hotels. Am nächsten Morgen wählte ich als Strecke die Bundesstraßen über Telgte, Paderborn und Beverungen und kam nach etwa 3:30 Stunden zuhause an. Erst nach ein paar Tagen erkannte ich auf den inzwischen beim Sportografen verfügbaren Fotos den Grund für mein "langsames" Rennen: Die Windjacke diente als Windfänger und Windbremse, sie war ständig durch den Fahrtwind aufgeblasen, wohl vor allem im Schulterbereich. Was für ein Anfängerfehler. Ich hätte die Windjacke nur unter das äußere Trikot ziehen müssen. Fotos und VideosMehrere Videos und TV-Beiträge zu dem Rennen konnte ich finden:
|