thola.deThorsten Lange
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10.10.2024 |
Neuseenclassics Leipzig 2018 - 100 kmNachdem ich im vergangenen Jahr Gefallen an der sehr schönen Strecke gefunden hatte und der Termin der Neuseenclassics erneut auf das gleiche Wochenende wie eine oft von mir besuchte Astronomietagung fiel, meldete ich mich erneut für die 100 Kilometer lange Strecke mit zwei Runden um den Störmthaler See an. Die Wettervorhersage sprach von fast 30°C bei wolkenlosem Himmel, die Tage zuvor war es bereits sehr warm und fast durchgehend sonnig bei mehr als 25°C. Am Vorabend ging ich nach Eintreffen im Hotel die etwa vier Kilometer bis zum Veranstaltungsplatz an der Alten Messe und holte die Startunterlagen ab. Anschließend gab es gutes Essen beim Street Food: Etwa 15 Verkaufsstände von verschiedensten kleinen lokalen Anbietern verkauften vieles von Burgern über Fish and Chips, gefüllte Handbrote, Pommes mit diversen Soßen bis hin zu Frozen Youghurt und Crepes.
Gesättigt ging ich dann am Völkerschlachtdenkmal vorbei zurück zum Hotel und hörte glücklicherweise trotz komplett geöffneter Fenster nichts von der feiernden Hochzeitsgesellschaft. Am nächsten Morgen gab es ein reichhaltiges Frühstück mit Blick auf den blauen Himmel, bevor ich gegen 8:30 Uhr mein Rennrad aufbaute, den Transponder befestigte und dann langsam in Richtung Start rollte. Dort angekommen bemerkte ich erstmals die dunklen Wolken im Südosten, die sogar Gewitter befürchten ließen. Um 9:00 Uhr starteten die Teilnehmer des 60-km-Rennens bevor dann die 100-km-Fahrer ihre Startblöcke betraten. Im vergangenen Jahr mußte ich als Spätanmelder in den kleinen Block D gehen, der eben für Nachmelder und Frauen vorgesehen war. Ja, tatsächlich explizit für Frauen, die sich vermutlich aus dem aggressiven Gewühl der Männer heraushalten wollten. Nichtsdestotrotz standen in meiner Nähe im mittleren Bereich von Startblock C auch Frauen. Die Größe der Blöcke betrug mutmaßlich jeweils knapp 200 Teilnehmer, nur Block D war wieder sehr klein. Um 9:30 Uhr rollte der erste Startblock los und kurz darauf überquerte auch ich die Startlinie. Nach den ersten 500 Meter mit mehreren engen Kurven nahm die Geschwindigkeit auf der Ausfallstraße deutlich zu und lag dann bis zur Abzweigung von der breiten Straße nach knapp fünf Kilometern fast bei 40 km/h. Nun wurde das Terrain welliger, das Geschwindigkeitsprofil zeigte mehrere kurze Einbrüche vermutlich bei engeren Kurven. Auf einer langen Geraden stoppte das lang gezogene Feld stark und rollte seitlich an einer gestürzten Gruppe vorbei: Etwa 5-7 Fahrer saßen zum Teil noch auf der Straße, ein weiterer stand 20 Meter weiter vorne und begann gerade mit einem Schlauchwechsel. Im nächsten Ort bremsten die Ordner das Feld in einer engen Kurve stark ab, denn hinter der Kurve stand ein Rettungswagen und daneben sah ich eine Frau mit Halskrause auf einer Trage liegen. Zwei größere Stürze im Bereich der Kilometer 8-9. Am Ortsausgang ging es dann durch eine weitere Engstelle in den Naherholungsbereich des Störmthaler Sees hinein.
Der Weg besteht hier weitgehend aus sehr gut asphaltierten Wander- und
Radstrecken mit einer Breite von häufig nur 2-3 Metern. Hier können
teilweise kaum mehr als zwei Räder nebeneinander fahren. Dazu kommen mehrere
kurze Abfahrten und knackige Anstiege, so daß man stetig hochkonzentriert
fahren muß. Das Feld blieb entsprechend langgestreckt, von Gruppenbildung
konnte man noch nicht sprechen.
Erst nach Verlassen des Seegebietes so um Kilometer 20 rissen deutliche
Lücken auf.
Auf den Landstraßen in Richtung Osten mußte ich mehrfach Lücken schließen
und merkte irgendwann, dass von den zuvor bis zu 50 oder mehr Teilnehmern
nur noch maximal 30 übrigblieben. Glücklicherweise hatte ich den Sprung in
den vorderen Teil der Gruppe geschafft.
Mit hoher Geschwindigkeit ging es bis zum östlichsten Punkt der Strecke und
dann wieder zurück in Richtung Westen.
Dabei bemerkte ich auf dem Fahrrad-Computer, nach exakt einer Stunde etwas
mehr als 36 Kilometer gefahren zu sein!
Kurz vor der Verpflegungsstelle bei Kilometer 38 beschloß ich, schon bei der ersten Vorbeifahrt die erste leere Wasserflasche wieder auffüllen zu lassen. Im vergangenen Jahr hatte ich dies in der zweiten Runde gemacht und danach die letzte Gruppe verloren. Block D war eben nur dünn besetzt. Da sich meine aktuelle Gruppe ja erst auf den letzten zehn Kilometer zuvor geteilt hatte, rechnete ich eigentlich damit, zügig wieder von hinten aufschließende Mitfahrer zu bekommen. Falsch gedacht! Zwar saß ich nach 30 Sekunden wieder auf dem Rad und sah meine ehemalige Gruppe in entsprechender Entfernung vor mir davoneilen, doch auch am Ende der langen Geraden nützte das mehrfache Umgucken nichts: An der Verpflungsstelle am Ortausgang war noch niemand vorbeigefahren. Natürlich war klar, dass ich alleine den Schnitt von 36 km/h nicht halten konnte. Also machte ich mich gezwungener Maßen alleine auf den Weg, doch leider wieder so, wie im vergangenen Jahr, aber jetzt mit eine Reststrecke von 64 Kilometern anstelle der 24 Kilometer vor einem Jahr. Grob geschätzt fuhr ich nun etwa 33-35 km/h und sah die Gruppe vor mir langsam aus dem Sichtbereich verschwinden. Glücklicherweise ging die Strecke nun tendenziell ein langes Stück sanft abwärts, sogar auch noch entlang des Sees. Zwischendurch überholte ich eine abgehängte Frau, die sich aber nicht anschließen konnte. Von hinten kam weiterhin niemand. Nicht bis hin zur steilen Rampe mit Almmusikbeschallung, also immerhin auf einer Strecke von 10 Kilometern nach der Verpfegungsstation. Und beim Umschauen war auch niemand zu sehen. Erst oben bei der Ausfahrt aus der 16 prozentigen Steigung mit scharfen Kehren stand eine Gruppe in Vereinstrikots. Kurz darauf fuhr ich auf einen Fahrer auf, der mit schon vor dem Verlust meiner Gruppe aufgefallen. Wir redeten nun ein wenig und freuten uns, nicht mehr alleine fahren zu müssen. Sven aus Hildesheim hatte in der Rampe den Anschluß verloren, als ein Fahrer vor ihm stürzte. Wenn man in so einer Steigung halten muß, dann bleibt nur noch das Schieben! Gemeinsam beschleunigten wir wieder, doch nach ein paar Minuten begann der Regen: Von ein paar Tropfen ging es schnell in einen ordentlichen Guß über. Die Sicht wurde immer schlechter, die Vorsicht vor allem in den engen Kurven entlang des Sees nahm zu. Beim Verlassen des Seegebietes sammelten wir einen dritten Fahrer ein, kurz darauf noch zwei weitere. Leider konnte man nun noch kaum direkt hintereinander im Windschatten fahren, denn die Gischt spritzte einem direkt ins Gesicht. An einer Stelle floß sogar ein Bach über die Straße, mehr als einen Meter breit und fünf Zentimeter tief. Zumeist führte ich die Kleingruppe mit einem Tempo um die 30 km/h an. Nach einer Weile schloß nun tatsächlich eine Gruppe von hinten auf, mutmaßlich die bereits lang von mir vermißte Gruppe. Sie hatte nur 30 Kilometer benötigt, um mich, den alleine fahrenden, einzuholen!
In dem Moment beschloß ich aber, anzuhalten und die dunklen Filter aus der Radsportbrille auszubauen und in die Rücktasche zu stecken, weil ich inzwischen wirklich nichts mehr sah. Der Himmel war dunkel und die Brillengläser sowie die Filter waren tropfnaß. Meine Standzeit betrug gerade einmal 20 Sekunden, dazu die Zeit zum Wiederanfahren. Die Gruppe lag inzwischen 200 Meter vor mir, nach hinten war niemand zu sehen, da würde eher keine Gruppe mehr kommen. Glücklicherweise merkte ich nach kurzer Zeit, dass ich schneller fuhr als die Gruppe vor mir. Alleine auf diesen nassen Straßen konnte ich rascher durch Kurven fahren und mußte mich dann nicht einmal mehr besonders anstrengen, um in der nächsten Ortseinfahrt nach vielleicht zwei Kilometern aufzuschließen. Die nächsten fünf Kilometer verbrachte ich im Windschatten, dann ging es zum zweiten Mal am Verpflegungsstand vorbei. Hier zerfield die Gruppe, denn einige hielten, die hinteren Fahrer mußten bremsen und mehrere verloren den Anschluß. Mit einem kleinen Zwischenspurt durch den nachlassenden Regen kam ich wieder heran. Die Strecke wurde wieder leicht abschüssig und mir irgendwie zu langsam. Vorne wollte niemand das Tempo machen, in einer kurzen Abfahrt ging der Führende raus, ich schoß kurzentschlossen an den maximal zwanzig Verbliebenen vorbei und übernahm die Führung. Mein Plan war dabei, rechtzeitig vor der Verengung bei Einfahrt ins Seegebiet und vor allem in der Rampe vorne zu sein. Doch bis dahin sollten es noch fast acht Kilometer sein, auf denen niemand, aber wirklich niemand aus der Gruppe Anstalten machte, mich abzulösen. Dazu kam nun noch ein zeitweilig ungemütlicher Gegenwind aus westlichen Richtungen. Also trat ich mit voller Kraft und zog den Rest mit 33-35 km/h hinter mir her. Zwischenzeitlich merkte ich, dass sogar eine Lücke direkt hinter mit aufriß, aber die mußten sie selbst schließen. So fuhr ich als Erster in die Rampe hinein und kam als Zweiter oder Dritter oben an. Die beiden anderen gehörten zu einer Vierergruppe, die nach einer kurzen Verschnaufpause (naja, Pause, wir rollten halt weiter) die Führung übernahm. Nach ein paar Kilometern verließen wir das Seengebiet und schlugen den Weg in Richtung Leipzig ein.
Glücklicherweise übernahmen nun doch noch ein oder zwei andere die Führungsarbeit, während ich in den ersten Reihen verblieb, und die Geschwindigkeit stieg wieder in der oberen 30er Bereich. Beim Abzweigen auf die Hauptstraße bremsten Polizisten uns stark ab, denn in der abfallenden Kreuzungskurve war die Straße sehr naß und an der Seite stand ein Rettungswagen mit Blaulicht. Die Geschwindigkeit ging nun auf mehr als 40 km/h hoch auf den letzten fünf Kilometern. Die Gruppe zog ordentlich und sammelte dabei noch weitere vereinzelte überholte Fahrer ein. Schließlich ging es auf die Zielgerade und dann über die Ziellinie, angefeuert von ein paar hundert Zuschauern. Im Auslaufbereich gab es im warmen Sonnenschein eine Finisher-Medaille, Getränke und Kuchen. Doch beschloß ich nach 10 oder 15 Minuten, mich auf den Rückweg zum Hotel zu machen und die noch immer nasse Kleidung loszuwerden. Meinen zeitweiligen Begleiter Sven aus Hildesheim sah ich auch noch kurz, er traf im Ziel fünf Minuten nach mir ein.
Auf dem Rückweg zum Hotel kamen mir immer noch einzelne Fahrer entgegen. Nach Dusche und Klamottenwechsel ging ich durch den schwülwarmen Sonnenschein zurück zum Veranstaltungsplatz und füllte mit zwei verschiedenen Speisen an den Essensständen die verbrauchten Kalorien wieder auf. Auf der 100 km Strecke gab es wohl einen Zielsprint zwischen einem Duo mit der Siegerzeit von 2:18:43 Stunden. Innerhalb der nächsten Minute kamen weitere sechs Fahrer ins Ziel, dann folgte eine Gruppe von etwa 35 Teilnehmern. Die schnellste Frau benötigte 2:29:28 Stunden. Das Ziel erreichten 565 Männer und 49 Frauen. Ein paar Tage vor dem Rennen lagen die Anmeldezahlen bei etwa 660. Der Sieger auf der 60 km Strecke benötigte 1:25:43 Stunden für die 60 Kilometer und damit sieben Minuten weniger als im vergangenen Jahr! Die schnellste Frau kam mit der Spitzengruppe aus 55 Männern bei 1:25:47 ins Ziel. Das Ziel erreichten 569 Männer und 76 Frauen.
Meine eigene Zeitmessung zeigte 3:00:38 Stunden für 102.5 km,
wobei ich bei der Verpflegungspause und Wasseraufnahme etwa 35 Sekunden
stand.
Die offizielle Zeitnahme betrug 3:00:34 Stunden
und damit Platz 440 von 565.
In der Altersklasse 2 kam ich auf Platz 115 von 146.
Meine mittlere Herzfrequenz betrug 148 bpm bei einem Maximum von 174 bpm.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 34.0 km/h mit einem Maximum von
58.3 km/h.
Fotos und VideosAlle Fotos im obigen Bericht stammen vom Sportografen, sofern nicht anders angegeben. Es gibt mehrere Videos der Tour:
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