![]()
thola.deThorsten Lange
Eingangsseite |
Münsterland Giro 2019 - 106 km (100 km)Mit geringeren Erwartungen als üblich ging ich in das diesjährige Rennen in Münster. Nach gesundheitlichen Problemen Mitte August und der dadurch bedingten Absage meiner Teilnahme an den Hamburg Cyclassics sowie nur sehr wenigen Trainingsausfahrten auf mittellangen Strecken seit Ende August (witterungsbedingt sowie andere Aktivitäten an den Wochenenden) fehlten viele Kilometer auf längeren Strecken. Und dann kam noch die Wettervorhersage dazu mit kühlen und nassen Bedingungen. Während meiner Zugfahrt nach Münster schüttete es mehrfach, und der Weg vom Bahnhof zum Hotel führte über nasse Straßen. Am Nachmittag war es dann etwas besser, als ich zu Fuß zur Startunterlagenausgabe ging und mir anschließend noch einen schönen Tee mit Waffel und heißen Kirschen und einer Eiskugel genehmigte. In Hotelnähe ging ich an einem Cafe mit Außentischen vorbei, an denen gerade vier Profis von Bora-Hans-Grohe saßen, darunter Pascal Ackermann. Leider hatte der Betreiber des daneben liegenden sehr netten italienischen Restaurants gewechselt, und ausgerechnet an diesem Tag eröffnete der Nachfolger. Da es nur reservierte Tische zur Eröffnung gab, mußte ich auf das Sausalitos in Münster ausweichen und einen Burger essen. Pasta hätte mir mehr gefallen, aber zu lange wollte ich auch nicht nach einem passenden Restaurant suchen. Mein Start sollte um 7:50 Uhr erfolgen! Viel zu früh. Glücklicherweise öffnete das Hotel den Frühstücksraum auf Nachfrage mehrerer Teilnehmer bereits gegen 6:40 Uhr, so dass ich noch kurz, aber nicht in Ruhe, frühstücken konnte. An den Nachbartischen saßen fast die gleichen Leute wie in den vergangenen Jahren, mit dem direkt neben mir sitzenden Paar hatte ich mich auch im vergangenen Jahr unterhalten, und erneut rollten wir gemeinsam zum Startbereich. Der Weg dorthin führte über die bereits abgesperrten Strecken der letzten Kilometer vom Stadtrand bis zum Zielbereich. Dabei herrschten nur 8°C und die Straßen waren noch nass vom nächtlichen Schauer. Dicke Kleidung und eine Windjacke waren angesagt, ich fuhr in Dreiviertelhose, aber viele Teilnehmer traten mit langen Hosen und sogar mit langen Handschuhen an. Durch den relativ späten Aufbruch vom Hotel verblieben weniger als 15 Minuten im Startblock C, bevor es dann pünktlich losging. Die ersten Kilometer durch die Randgebiete von Münster mußten wie üblich sehr aufmerksam gefahren werden auf Grund des sehr dichten Teilnehmerfeldes und wegen der vielen scharfen Kurven und Abzweigungen. Auf den ersten 6 km schwankte meine Geschwindigkeit zwischen 40 km/h auf den Geraden und ging mehrfach runter bis auf 20 km/h. Nach Verlassen des Stadtgebietes fuhr ich tatsächlich von km 6 bis km 20 immer um die 40 km/h schnell! In diesem ganzen Bereich herrschte leicher Rückenwind, und die Dichte des Feldes ermöglichte eine entsprechend schnelle Fahrt. Dazu kamen mehrere Zwischensprints zum Überbrücken von entstehenden Lücken. Das Höhenprofil auf den ersten 43 km war komplett flach und zeigte schon jede Straßenbrücke als deutlich erkennbaren Buckel an. Etwa im Bereich zwischen km 20 und 25 merkte ich dann das hohe Anfangstempo und den durchgehend bei 150 bis 160 bpm liegenden Puls und war froh, als nun etwas Tempo herausgenommen wurde. In der ersten Stunde legte ich fast 37 km zurück. Und in der ersten Stunde gab es zwei oder drei kurze Abschnitte mit Nieselregen, die allerdings nicht weiter störten. Ab km 43 begann die einzige bemerkenswerte Steigung im Teuteburger Wald in der Gegend von Lengerich: Innerhalb von weniger als 5 km mußten fast 90 Höhenmeter bewältigt werden, allerdings mit einem knapp einen Kilometer langen Flachstück nach einem Drittel der Strecke. Die Steigung erreichte nur kurzzeitig Werte von 6-8 Prozent und bedeutete für mich überhaupt kein Problem. Ich konnte locker an vielen Teilnehmern vorbei fahren. Nun ging es mehrere Kilometer lang über schmale und schlecht asphaltierte Waldstraßen mit diversen Fehlstellen. Auf der Kuppe nach der zweiten Steigung (etwa 50 Höhenmeter auf zwei Kilometern) standen auf einmal fast 20 Teilnehmer am Straßenrand über eine Strecke von 200 Metern und viele davon wechselten Schläuche, die übrigen warteten auf ihre Teammitglieder. Die nasse und von zahlreichen Blättern bedeckte Waldstrecke hatte viele Opfer gefordert. Nun ging es sechs Kilometer lang insgesamt 80 Höhenmeter hinunter, einer willkommene Erholungspause, in der wegen der Nässe und teilweise schmaler Straßen aber nicht allzu schnell gefahren werden konnte. Hier befand sich auch irgendwo die Verpflegungsstation, an der ich aber ebenso wie fast alle anderen Leute aus meiner Gruppe vorbeifuhren. Zwei Flaschen a 750 ml reichten bei den Witterungsbedingungen locker aus. Die Strecke führte nun zurück nach Münster in Richtung Süd-Südwest, und fast nur in diesem Bereich war Gegenwind bzw Seitenwind von vorne zu spüren. Dieser führte aber zu ein paar Windkanten, in denen das lang gezogene Fahrerfeld aufriß. Hier mußte ich noch mal Lücken wieder zu fahren. Bei Kilometer 82 passierte der von mir befürchtete Zusammenschluß mit einer sehr großen Gruppe der kurzen Distanz: Nach dem Zeitplan sollte der Start für die über 60 km führende kurze Strecke nur 40 Minuten nach meinem Start erfolgen. Damit war klar, dass selbst ein Schnitt von 36-37 km/h nicht ausreichen würde, um vor der Spitzengruppe der kurzen Strecke ins Ziel zu kommen! Wie sich zeigte, bestand die Gruppe komplett aus Block A, und es handelte sich vermutlich sogar um die Spitzengruppe. Ich selbst befand mich ziemlich am Ende meiner großen Gruppe aus mindestens 50 Leuten, und die andere Gruppe ging eher in Richtung 100 Teilnehmer. Wenige hundert Meter nach der Feldervereinigung bog die Strecke auf einen schmalen Waldweg ab und zog die vereinigte Gruppe extrem in die Länge. Neben mir fluchte ein Block-A-Fahrer deutlich und beschwerte sich, das Rennen wäre nun für ihn vorbei. Womit er nicht Unrecht hatte, denn er verlor praktisch jede Möglichkeit, weiterhin im ersten Block zu fahren, weil die Überholmöglichkeiten auf den nächsten Kilometern beschränkt und die Geschwindigkeiten beider Gruppen zu unterschiedlich waren. Für mich erwies sich die Feldervereinigung allerdings als positiv. Relativ zügig fiel ich aus der Riesengruppe heraus zusammen mit einigen anderen einzelnen versprengten Teilnehmern, die das Tempo von Block A nicht mitgehen konnten. Aber bis zum Ziel kamen immer wieder größere oder kleinere Gruppen aus den Blöcken A und B von hinten heran, an die man sich dann für einige Zeit in den Windschatten hängen konnte. Jedenfalls bis km 92. Dann, und vor allem erst dann und viel später als befürchtet, begann ich die fehlende Trainingskilometer für lange Strecken zu merken. Ein paar Kilometer konnte ich gerade noch hinter zwei anderen Leuten im Windschatten bleiben und war nicht mehr in der Lage, das Tempo von überholenden Fahreren mitzugehen. Wie die Auswertung zeigte, fuhr ich über eine Strecke von vier Kilometern einen Schnitt von unter 30 km/h. Kraftlos öffnete ich noch einen Energieriegel und verzehrte diesen mit Mühe über zwei Kilometer hinweg. Und plötzlich ging es wieder! Eine große Gruppe aus Block B der kurzen sowie C und D der mittleren Distanz fuhr vorbei, und ich schaffte den Sprung ins letzte Viertel der Gruppe. Sofort stieg die Geschwindigkeit wieder auf Bereiche um 35 km/h und die Stadtgrenze von Münster rückte immer näher. Die Gruppe, die ich einige Kilometer zuvor verloren hatte und die nun vielleicht 300 Meter vor mir fuhr, wurde innerhalb von zwei Kilometern wieder gestellt. Am Ende der nunmehr sehr großen Gruppe und dann auf den letzten zwei Kilometern noch mit einigen Nachzüglern fahrend konnte ich schließlich den Zielstrich überqueren. Komplett leer und kraftlos rollte ich aus und quälte mich bis zu den Fahrradstellplätzen im Zielbereich und bis zur Pastaausgabe. Ich mußte mich sogar neben das Rennrad auf den kalten und feuchten Boden setzen. Eine halbe Pasta und ein paar Minuten später kehrte die Energie zurück.
Ziemlich zügig machte ich mich auf den Rückweg zum Hotel, um aus den nassen
Klamotten herauszukommen und den Dreck abzuduschen. Auf der Weg fuhr ich an
einem Kollegen vorbei, der für seine Verhältnisse ziemlich schnell auf der
kurzen Distanz unterwegs gewesen war.
Nach einer ruhigen Stunde und aufgewärmt ging ich dann zurück zum
Zielbereich, um nach einer Runde über die Radmesse noch eine Pizza zu
verzehren. Die Energiespeicher mußten wieder gefüllt werden.
Anschließend verbrachte ich zwei Stunden an den Absperrgittern etwa 65 Meter
vor dem Ziel, verfolgte die beiden Jugendrennen sowie das Laufradrennen
der kleinen Kinder und dazwischen und anschließend die TV-Übertragung des
Profirennens auf dem großen Monitor gegenüber der VIP-Tribünen.
Die Profis fuhren ziemlich viel durch starken Regen und brachten die
Regenwolken mit ins Ziel. Während ihrer abschließenden drei Runden durch
Münster schüttete es heftig.
Im Profirennen siegte Alvaro Jose Hodeg Chagui im Sprint vor Pascal
Ackermann. Fünfter wurde Max Walscheid. Und keine 30 Meter von mir entfernt
kam es zu einem Massensturz im Zielsprint.
Während die ersten drei direkt gegenüber von mir in Richtung Siegerpodest
gingen, machte ich mich auf den Rückweg ins Hotel, um die nassen Klamotten
loszuwerden und im Bett wieder aufzutauen.
Abends gab es dann noch eine Pizza, und am nächsten Vormittag fuhr ich mit
der Bahn zurück nach Hause, wurde aber auf dem Weg von Lenglern nach
Bovenden erneut naß.
Der Sieger auf meiner Strecke erreichte das Ziel als einziger Teilnehmer
unter 2:30 Stunden mit 2:29:59 Stunden und der Zeitenliste zu Folge in einer
Vierergruppe, die knapp sechs Minuten (!) Vorsprung auf einer größere Gruppe
aus 97 (!) Teilnehmern hatte. In dieser Gruppe befanden sich auch die
schnellsten drei Frauen.
Danach dauerte es weitere vier Minuten bis zur nächsten Gruppe.
1288 Männer und 105 Frauen erreichten das Ziel.
Die offizielle Zeitmessung bezifferte meine Rennzeit auf 3:06:03 Stunden mit
einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34.3 km/h und einem Maximum
von 54.6 km/h, womit ich Platz 782 von
1288 erreichte sowie Platz 200 von 389 in der Altersklasse 3.
Meine eigene Zeitmessung zeigte fast dieselbe Zeit, da ich bei diesem Rennen
auf Grund des kühlen Wetters ohne Verpflegungspause
mit zwei Flaschen a 750 ml auskam, genau genommen reichten sogar 1 1/2 Flaschen.
Die Strecke war 106.3 km lang bei 354 Höhenmetern.
Meine mittlere Herzfrequenz betrug 147 bpm bei einem
Maximum von 168 bpm.
Fotos und VideosEs gibt mehrere Videos der Tour: |